Bei einer aktuellen Verbändeanhörung hat das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBD) einen Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften eingebracht. Dieser Entwurf sieht tiefgreifende Veränderungen im Bereich der kommunalen Vergabeverfahren vor – mit potenziell weitreichenden Folgen für das regionale Handwerk.

Um die Bedeutung dieser Änderungen für die heimischen Handwerksbetriebe aufzuzeigen, fand in der Kreishandwerkerschaft in Paderborn in dieser Woche ein politisches Frühstück mit Staatssekretär Daniel Sieveke (MHKBD) statt. In einem offenen und engagierten Gespräch machten unsere Obermeister und die Geschäftsführung deutlich, welche Risiken sie aufgrund der geplanten Änderungen befürchten.

„Wir wollen alles wegnehmen, was hindert. Die Bürokratie soll weg“, beschreibt Sieveke das Ziel der Reform. So sollen Kommunen bei der Vergabe von Bauaufträgen größere Freiheiten bekommen, als dies jetzt der Fall ist. Ein Fokus auf den günstigsten Anbieter solle um weitere Entscheidungskriterien wie Wirtschaftlichkeit, Qualität und Nachhaltigkeit erweitert werden.

„Diese Kriterien gibt es jetzt schon“, betont Michael Friemuth, Obermeister der Baugewerke-Innung Paderborn. „Sie werden jedoch nicht angewendet.“ Verantwortliche würden sich häufig nicht trauen, ein anderes Argument als den günstigsten Preis gelten zu lassen. Das sei ein großes Problem.

Neu soll sein: Kommunen, denen die neu geplante Freiheit zu weitreichend ist, können jeweils eine eigene Satzung erlassen, die individuelle Vergabekriterien ergänzt. Im schlimmsten Fall bedeutet dies 396 verschiedenen Vergabevorschriften für das Handwerk – in jeder Kommune eine eigene.

Handwerk fordert sinnvolle Entbürokratisierung statt Wildwuchs

„Grundsätzlich begrüßen wir im Handwerk einen Bürokratieabbau unbedingt! So, wie er hier umgesetzt werden soll, haben wir allerdings Sorge, dass ein echter Wildwuchs entsteht, der für unsere Betriebe zu einem undurchsichtigen Dschungel wird – und damit zu einem viel höheren bürokratischen Aufwand führt, als jetzt schon“, befürchtet Hauptgeschäftsführer Michael H. Lutter. „Auch könnte das Ausbleiben konkreter Kriterien bei den Verfahren dazu führen, dass das Augenmerk der Kommunen verstärkt auf Generalunternehmer gelegt wird – aus Gründen der Einfachheit. Dies ginge ebenfalls zulasten des heimischen Handwerks.“ Statt sinnvoller Entbürokratisierung drohe eine Zersplitterung und „Hoflieferantentum“. „Die lokalen Handwerksbetriebe müssen eine Chance haben, sich an kommunalen Vergaben zu beteiligen – und einen Zuschlag zu erhalten“, betont Lutter. „Ohne eine sinnvolle Leitplanke und gewisse Vorgaben wird das allerdings nicht funktionieren“, fürchtet auch Christian Lötfering, Vorsitzender der Handwerksjunioren Paderborn e.V.

Daniel Sieveke versprach, die Sorgen den Handwerks mit nach Düsseldorf zu nehmen. Wir danken ihm für den konstruktiven Dialog und hoffen, dass die Bedenken des Handwerks in den weiteren politischen Beratungen angemessen berücksichtigt werden.