Handwerk hält das Land am Laufen

Lange konnte die Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe keine Gäste an den politischen Frühstückstisch bitten. Jetzt hatte der Paderborner Landrat Christoph Rüther die Ehre, die fast zweijährige Corona-Pause der Veranstaltungsreihe zu beenden. Neben den obligatorischen Brötchen und dem Morgenkaffee standen Themen wie der immer stärker werdende Fachkräftemangel und die Stärkung der dualen Ausbildung auf dem Menü. Außerdem ging es um den Ausbau der digitalen Infrastruktur, die gelebte Vergabepraxis und um Nachhaltigkeit.

 

Kreishandwerksmeister Mickel Biere freute sich zur Begrüßungsrunde, den „schon nicht mehr ganz so neuen Paderborner Landrat“ nun endlich einmal in Person kennenlernen zu dürfen. Hatte die Corona-Pandemie das schon lange geplante Treffen doch immer wieder verzögert. Jetzt endlich war es soweit und der Kreishandwerksmeister, die Obermeister der Paderborner Innungen und die Geschäftsführung der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe konnten den Paderborner Landrat unter Anwendung der 2G-Plus-Regel in ihren Reihen begrüßen.

 

Dabei war das gegenseitige Kennenlernen schnell erledigt. Durch seine vorherige Funktion als Bürgermeister von Bad Wünnenberg ist Christoph Rüther für die meisten Teilnehmer schließlich kein „persönlich“ Unbekannter. So ging es bei dem Gespräch dann auch schnell ans Eingemachte. „Thema Nummer eins ist und bleibt im Handwerk leider der immer stärker werdende Fachkräftemangel“, eröffnete Hauptgeschäftsführer Michael H. Lutter die Diskussionsrunde.

 

Handwerk und Kreis kooperieren hier bereits in diversen Bereichen wie der gemeinsam konzipierten Ausbildungsmesse Connect. Schnell einigten sich die Beteiligten aber darauf, gerade an dieser Stelle noch stärker in den Austausch gehen zu müssen und dabei auch die Schulen künftig gezielter mit ins Boot zu holen. „Gerade bei den Gymnasien wünschen wir uns mehr Gehör“, beschreibt Matthias Gerdesmeier, Obermeister der Tischler-Innung, die schwierige Situation bei diesem Schultyp in punkto Berufsorientierung Fuß zu fassen. „Und das, obwohl viele unserer Azubis oder Mitarbeiter Abitur haben oder nach dessen Abbruch eine Perspektive gesucht haben“, fügte er hinzu.

 

„Gerade das aktuell so wichtige und auch akute Thema Nachhaltigkeit birgt eine Vielzahl von Chancen, gerade für Abiturienten, aktiv mit anzupacken“, ist Wolfgang Stock, Obermeister der Fachinnung Elektrotechnik Paderborn, überzeugt. Im Bereich Elektrotechnik gebe es sogar eine komplett neue Ausbildung mit dem Namen Gebäudesystemintegrator. „Wichtig ist aber“, betonte er, „dass dieser Beruf auch in den Berufsschulen vor Ort ausgebildet wird, damit die Nachfrage bedient werden kann“. Das sieht auch der Obermeister der Maler- und Lackierer-Innung Paderborn Dietmar Ahle so: „Auch im Malerhandwerk gibt es mit Energieeffizienz- und Gestaltungstechnik sowie Ausbautechnik und Oberflächengestaltung zwei komplett neue und auf die Zukunft ausgerichtete Fachrichtungen “.

 

Landrat Rüther versprach den Handwerkern, die für ihn „nachvollziehbaren und äußerst wichtigen Impulse“ nicht nur mitzunehmen, sondern auch an geeigneter Stelle zu berücksichtigen oder zur Sprache zu bringen. Das betrifft auch die Berufsschulen, für deren Ausstattung der Kreis verantwortlich zeichnet. „Hier hat sich bereits viel getan“, erklärte der Landrat den Teilnehmern zu dem teilweise in Frage gestellten Stand der Digitalisierung. Den vom Handwerk gewünschten und auch schon praktizierten organisatorischen wie inhaltlichen gemeinsamen Austausch zur dualen Ausbildung unterstützte Rüther.

 

„Die Stärkung der dualen Ausbildung steht auf unserer Agenda direkt neben der Bekämpfung des Fachkräftemangels“, unterstrich Hauptgeschäftsführer Lutter noch einmal. In diesem Bereich seien alle Akteure vor Ort bestens vernetzt. Der von der Wirtschafsförderungsgesellschaft betonte und im Rat der Stadt Paderborn eingebrachte Vorschlag zur Schaffung eines lokalen Netzwerkes zur Stärkung der dualen Ausbildung allerdings sei bereits in dieser Form längst vorhanden und es bestehe kein Grund auf kommunaler Ebene eine doppelte Struktur einzuziehen. Die Notwendigkeit eines Wohnheims für Azubis sahen auch die Teilnehmer aus dem Handwerk für nicht gegeben, zumal die Kreishandwerkerschaft seit langem ein eigenes Wohnheim mit geringer Auslastung durch Auszubildende betreibt. „Der Arbeitsmarkt endet eben nicht an Paderborns Toren“, so Lutter. Auch in anderen Gemeinden fehlten Auszubildende.

 

Weiteres Thema der Runde war, wie schon so oft zuvor, der Ausbau der digitalen Infrastruktur. Hier zeigten sich die Teilnehmer aus dem Handwerk erfreut, dass der Kreis mittlerweile einen Mobilfunkkoordinator im Einsatz hat und darüber hinaus das Thema Breitbandausbau stark in den Fokus gerückt hat und sich aktiv im Gespräch mit Mobilfunkanbietern befindet, um diesen für die Wirtschaft so wichtigen Bereich auszubauen.

 

Auch die vom Landrat bestätigte Umsetzung der vom Land NRW vereinfachten und flexibilisierten Vergabegrundsätze sowie der Preisgleitklauseln zur Abmilderung des Risikos von Unternehmen bei Preissteigerungen nahmen die Handwerker wohlwollend zur Kenntnis. Rüther betonte, dass der Kreis die heimischen Betriebe unterstütze, wo es möglich sei. „Ihr haltet schließlich das Land am Laufen“, zitierte er den beliebten Slogan aus der bundesweiten Kampagne des deutschen Handwerks. Zum Abschluss kündigte der Landrat noch anstehende Bauprojekte des Kreises an und versprach maximale Transparenz und frühzeitige Bekanntgabe einzelner Maßnahmen.

 

 

Foto-Unterzeile (v.l. hinten): Dietmar Ahle (Obermeister Maler- und Lackierer-Innung Paderborn), Michael Friemuth (stv. Kreishandwerksmeister und Obermeister Baugewerken-Innung Paderborn), Stephan Peters (Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft und tbz), Martin Henke (Kreislehrlingswart und Obermeister Innung Metall Paderborn), Matthias Gerdesmeier (Obermeister Tischler-Innung Paderborn), Paul Knocke (Obermeister Innung für Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik Paderborn), Aloys Buschkühl (Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe und Vorstandsmitglied Stiftung Bildung & Handwerk), Karsten Schmidt (Obermeister Kfz-Innung Paderborn und Höxter), (v.l. vorne): Wolfgang Stock (Obermeister Fachinnung Elektrotechnik Paderborn, Michael H. Lutter (Hauptgeschäftsführer Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe und Vorstandsvorsitzender Stiftung Bildung & Handwerk), Christoph Rüther (Landrat Kreis Paderborn), Andrea Hegerbekermeier (Geschäftsführerin Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe), Mickel Biere (Kreishandwerksmeister und Obermeister Bäcker- und Konditoren-Innung Lippe), Monika Schönlau (Obermeisterin Raumausstatter-Innung Paderborn) und Udo Förster (Obermeister Fachinnung Zimmerei und Holzbau Paderborn).